Mittwoch, 6. Dezember 2023

Man setzt dir einen Hut auf - Gilgul oder Ibbur?

 Ich glaube an Seelenwanderung, weil ich mich an ein früheres Leben erinnert habe. Seither beschäftige ich mich mit diesem Thema intensiver, als ich es davor getan habe. Ich versuche zu verstehen, wie Seelenwanderung funktioniert und was es für uns bedeutet, wiedergeboren zu werden. Erschaffen wir unsere eigene Zukunft in einem späteren Leben? Oder werden wir einfach nur aufgrund unserer Taten neu erschaffen?

Als ich einmal ohne mein Wissen und gewiss ohne mein Einverständnis, unter Drogen gesetzt wurde, tauchte plötzlich eine Idee in meinem Kopf auf. "Gesehen" habe ich übrigens in meinem Kopf nichts, so wie immer, wenn ich nicht träume. Deshalb gehe ich davon aus, dass es kein Traum im üblichen Sinn war, auch kein Drogentraum, sondern eher eine intellektuelle Überlegung, auf einer anderen Ebene. Ich dachte: "Dann setzt dir jemand einen Hut auf und du bist plötzlich jemand anderer!"

Viele Jahre davor hatte ich den "Golem" von Meyrinck gelesen. Damals war ich noch sehr jung und in vieler Hinsicht unwissend. Mich hat das Buch fasziniert. So sehr, dass ich unbedingt nach Prag fahren wollte, was ich auch tat. Dort hatte ich keinerlei mystische Erlebnisse, aber mein Leben bekam an diesem Ort eine andere Richtung. Man könnte sagen, dieses Buch hatte schicksalhafte Auzwirkungen auf mich, die mein zukünftiges Leben bestimmten. 

Mit parapsychischen Experimenten hatte ich mich damals bereits beschäftigt. Mich zog es zur Mystik hin, während ich gleichzeitig ganz normale Psi-Experimente auf einer technischen Ebene machte. Seelenwanderung hielt ich für möglich, aber ich wusste nicht, ob ich daran glauben solle. Auch damit beschäftigte ich mich gerade. Ich versuchte, mich durch Meditation an frühere Leben zu erinnern. Es gelang mir nicht. Deshalb ließ ich es wieder bleiben. Das war für mich kein Thema mehr. Bis zu  meiner spontanen Erinnerung, viele Jahre später.

Das Buch brachte mich auf die Idee, ein Golem werden zu wollen. Nicht eine Figur aus Lehm, die man zum Leben erweckt. Dass es sich dabei um reine Fantsie handelt, war mir natürlich klar. Das Wort Lehm bedeutete ursprünglich Materie. Es wurde später nicht mehr verstanden und falsch übersetzt, wie so vieles andere auch. Materie: das sind wir doch alle. Körper, aus Materie geformt. Der Golem war für mich ein Symbol für ein Lebewesen, welches für andere Lebewesen Warner und Beschützer ist. Aber dieses Lebewesen muss ursprünglich sein, also ohne dunkle Gedanken und Wünsche. Sonst wird es zur Gefahr. Dieser Mensch wollte ich werden. 

Als ich nun - Jahre später - geistig benebelt war, wegen der Droge (ich weiß bis heute nicht, welche das war) fiel mir offenbar ein, dass ein Hut im Buch "der Golem", ein wichtiges Element darstellt. 

Meyrinck war kein Jude, aber er hatte einen jüdischen Vater. Offenbar war er von der jüdischen Mystik fasziniert, denn er machte sie zum Thema des Romans. Es geht nämlich keineswegs nur um den Golem aus der Sage. Im Gegenteil, ist sein Golem nicht wirklich materiell greifbar. Ich hatte keine Ahnung vom Judentum, deshalb verstand ich gar nicht, was Meyrinck alles aufs Tapet brachte. Dass es dabei auch um Seelenwanderung ging, konnte ich nicht erkennen. Dazu muss man sagen, dass der Autor von seinem Werk mehr oder weniger überwältigt wurde und einen Mathematiker brauchte,der eine gewisse Logik hinein brachte. Was nicht heißt, dass das Buch dadurch tatsächlich logisch wurde. Wer weiß, ob der Mathematiker überhaupt verstand, was Meyrinck sagen wollte.

Vielleicht war es gerade diese Verwirrtheit, die Unmöglichkeit es verstehen zu können, die den Reiz des Buches ausmachte? Die Unmöglichkeit es zu verstehen, ohne ins Gehirn des Autors zu kriechen, um mit seinem Verstand zu denken? Gerade als ich eben selbst total verwirrt war, aufgrund der Droge, scheine ich plötzlich verstanden zu haben, was der Hut bedeutet: Seelenwanderung! "Man setzt dir einen anderen Hut auf und schon bist du jemand anderer!" 

Das ist natürlich nur eine Methapher, aber sie gefällt mir so gut, dass ich diesen Satz  zum Ursprung meiner Überlegungen mache. 

Es gibt jüdische Gruppen, die an Seelenwanderung glauben. Ob dabei Hüte eine Rolle spielen, ist mir unbekannt. Ich weiß auch nicht, ob ich Meyrinck wirklich in dieser Hinsicht verstehe. 

Damals gab es noch keine Computer und kein Internet, bzw. wir bekamen es erst relativ spät. Ich konnte nicht einfach bei Google stöbern, ob jemand etwas dazu geschrieben hat und was es heute zu finden gibt, war damals noch nicht geschrieben. Heute habe ich nachgeschaut und auch etwas gefunden. https://www.uibk.ac.at/iup/buch_pdfs/menschmaschinen_maschinenmenschen/10.15203-99106-087-1-05.pdf

Möglicherweise habe ich mich aus verschiedenen Gründen angezogen gefühlt.Meyrinck erwähnt Buddha und ich habe schon als Jugendliche, Bücher über Buddhismus und Hinduismus gesucht, gekauft und gelesen. Abgesehen davon, ühlte ich mich vom Judentum angezogen, ohne zu wissen wieso. Als Kind hatte ich im Fernsehen "der Dibbuk" gesehen. Der Film hat mich fasziniert. Im Roman wird auch das angesprochen, wenn auch auf andere Weise. Es geht um Seelenschwängerung.

Der Roman spielt in Prag. Er enthält auch tschechische Elemente. Die Familie meines Großvaters stammt aus Tschechien. Aber etwas wird mich unterbewusst besonders angesprochen haben: "Doch schon wenig später
gelingt es Pernath nicht mehr, sich die Erscheinung des Besuchers ins Gedächtnis

zurückzurufen." Ich habe damals in einer Buchhandlung gearbeitet und ich war nicht fähig, mir Gesichter zu merken. Was ich schon geahnt hatte, versuchten mir verschiedene Erlebnisse deutlich zu machen. Einmal unterhielt sich ein Kunde mit mir. Dann ging er hinaus, um gleich wieder das Geschäft zu betreten. Ich erkannte ihn nicht mehr. Das fiel den Chefs auf. Sie fanden es lustig. Ich weniger. 

Mich interessierte Hypnose, obwohl ich nicht einmal wusste, was genaus das war. Aus einem unerklärlichen grund wollte ich mich unbedingt hypnotisieren lassen. Auch dieses Thema taucht im Roman auf. 

Zu allem Überfluss kommt auch noch Tarock ins Spiel. Das habe ich als Kind fast jeden Tag gespielt.

Später beschäftigte ich mich auch mit Alchemie und kam so unweigerlich zu einem Hermaphroditen. Ich habe viele Jahre danach sogar einen gemalt.


 Er gilt als ein alchemistisches Symbol. Ich habe jedoch einen Bezug zur modernen Medizin hergestellt.

Die Analyse (obiger Link) enthält allerdings eine Stelle, die unlogisch ist: "... denn der Golem, oder zumindest dessen Seele, scheint sich an einigen Stellen seines Körpers zu bemächtigen" 

Ob Meyrinck das ausdrücken wollte, was die Autorin zu erkennen meint, weiß ich nicht.  Der ursprüngliche Golem der Sage, hat nämlich keine Seele. Er wird durch den Namen Gottes belebt. Die Sage nimmt er nur zum Anlass, seine eigenen Fantasien zu entwickeln. Die Juden hatten keine Angst vor dem Golem. Rabbi Löw - der tatsächlich existiert hat -  hat auch ganz sicher niemals versucht, einen Golem zu erschaffen. Warum ausgerechnet er dazu auserkoren wurde, in der Geschichte den Golem zu erschaffen, ist absolut unverständlich. In der Sage ist der Golem bur ein Helfer, der verschiedene Befehle ausführt und die Juden warnt, wenn es für sie gefährlich wird. Er wird erst gefährlich, als der Rabbi die Kontrolle über ihn verliert.

Mein Leben enthält sehr viele Zufälle, die sich nicht als blind, oder sinnlos abtun lassen. Auch das ist ein Thema, welches mich sehr beschäftigt. Gerade jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, tut sich ein weiterer Zufall auf, der an sich nichts mit dem Golem zu tun hat. Vor wenigen Tagen las ich im Internet den Namen Judith Butler. Von dieser Frau hatte ich noch nie gehört, deshalb sah ich nach, ob ich etwas über sie finde. Ich habe mich noch gefragt, ob man ihren Namen Deutsch oder Englisch ausspricht. Jetzt finde ich sie unter dem obigen Link erwähnt. Wäre ich nicht auf die Idee gekommen, über den Golem zu schreiben, ich hätte vermutlich nie wieder etwas über sie gelesen.

Ich habe mir durchgelesen, was Stefanie Jäger, die Autorin von "der Golem - eine Sagenfigur zwischen Mystik und Literatur", schreibt. Klingt alles sehr wissenschaftlich. Nur leider unterstellt sie Meyrinck, sich genau überlegt zu haben, welche Symbole er wofür verwendet. Das ziehe ich in Zweifel. Eher glaube ich, dass Meyrinck in seiner Symbolik mehr oder weniger ertrunken ist. Doch darum geht es mir nicht. Ich versuche nur zu zeigen, was mich offenbar unterbewusst angesprochen und dadurch mein Leben verändert hat. Leider weiß sie zum "Hut" nicht viel zu sagen. Obwohl der eine wichtige Rolle zu spielen scheint.

Seelenwanderung wird in der jüdischen Mystik als Gilgul bezeichnet. Ibbur ist die Schwängerung, das Eintreten einer anderen Seele in einen Körper, der bereits eine Seele hat. Auf Letzteres hat sich Meyrinck offenbar bezogen, während ich nachträglich - denn damals war ich eher ratlos - an Seelenwanderung, also an Gilgul, dachte. 

Mein Problem ist, dass ich eigentlich mit Mystik genau nichts anfangen kann. Das ist mir alles zu kompliziert, zu verwirrend und zu wenig logisch. Wieso also hat mich der Hut so inspiriert, der in der jüdischen Mystik offenbar keinerlei Bedeutung hat? Michelangelo hat sich selbst in Gegenwart des Papstes geweigert, seine Kopfbedeckung  abzunehmen, da er sie als Teil seiner Persönlichkeit sah. Bei den Römern trugen nur Freie einen Hut. Wusste Meyrinck davon? Hat er ein eigenes Symbol kreiert?

Was hat sich Meyrinck also gedacht, als er einen Hut als Symbol verwendete? Ich habe keine Ahnung, aber irgend etwas scheint der Hut in mir ausgelöst zu haben. Offenbar habe ich ihn als Symbol für Seelenwanderung verstanden.Nimmt man Michelangelo als Beispiel, passt das ja auch irgendwie.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wer aller an Seelenwanderung glaubte

Ich glaube ich bin katharisch.... ich wollte, dass es in unserer Religion erlaubt wäre, an die  Seelenwanderung zu glauben ... , schrieb Lie...